Im Gespräch: Dr. Stephanie Wuensch

Dr. Stephanie WuenschDr. Stephanie Wuensch

Als Vorstandsvorsitzende der der Stiftung Freundeskreis Ochsenzoll und leitende Ärztin der medizinischen Einrichtungen der auxiliar GmbH behandelt und begleitet Dr. Stephanie Wuensch Menschen, die z.B. an Ängsten, Depressionen, einer Psychose oder Persönlichkeitsstörung leiden oder die seelisch behindert sind und ihr Leben eigenständig gestalten möchten. Dabei zu helfen, dem Leben eine Wende zu geben und Vertrauen in sich selbst zu fassen, liegt ihr sehr am Herzen. Bevor sie sich um die nächste Stiftungsveranstaltung kümmert, ist sie heute im Gespräch bei „Hamburgs Ganze Frauen“.

Wie viel Zeit verbringen Sie pro Woche auf Ihrem „Chefsessel“ (Alternativ Bürostuhl)?

Sitzen muss ich tatsächlich viel auf dem Schreibtischstuhl, circa ein Drittel der Arbeitszeit. Ein weiteres Drittel in Konferenzräumen des eigenen Unternehmens und das dritte Drittel im Rahmen von außerhäusigen Terminen. Dabei gilt, möglichst oft aufstehen und innerbetrieblich lieber ins Nachbarbüro gehen, als telefonieren oder E-Mail schicken.

„Arbeitstabu“ haben sie zu welchen Zeiten?

Das Mittagessen ist eine sehr wichtige Mahlzeit für mich, ich brauche regelmäßig „etwas Warmes“. Diese Arbeitsunterbrechung versuche ich so häufig wie möglich zu realisieren. Abend- oder Wochenendtermine müssen Ausnahmen bleiben.

Wollten Sie schon immer das werden, was Sie jetzt sind?

Eigentlich schon, obwohl es zwischendurch mal Gedanken gab, Juristin oder Historikerin zu werden. Rückblickend betrachtet bleibt eine große Sympathie für den Beruf einer Professorin im Bereich des Lehrens und Forschens zu geschichtlichen Themen an der Uni.

Wie lautet Ihr wichtigster Rat an junge Frauen, wenn sie ins Berufsleben starten?

Wenn es um die berufliche Entwicklung und Zufriedenheit geht, sind Balancen wichtig. So halte ich die bei Frauen gut verbreitete Befähigung zur Einfühlung in das Gesprächsgegenüber für sehr wesentlich, wenn gleichzeitig ein gutes Abgrenzungsvermögen besteht. Auch Selbstkritik als Motor zur persönlichen Weiterentwicklung halte ich für sehr sinnvoll, aber auch nur, wenn diese nicht feindselig gegenüber sich selbst stattfindet und sich die Frauen erlauben, auch Fehler zu machen.

Was finden wir in Ihrer Schreibtischschublade, Handtasche oder Businesstasche? – Hand aufs Herz – was ist eigentlich überflüssig, aber muss einfach immer dabei sein?

In meiner Aktentasche finden sich auf jeden Fall ein klassischer Papier-Filofax-Kalender, denn damit fühle ich mich wohler und bin definitiv schneller, als mit elektronischen Medien. Na klar, das Mobiltelefon ist auch dabei, ebenso wie Taschentücher, Portemonnaie, Schlüssel etc. und die jeweils benötigten Unterlagen. Und da ergibt sich schon das Problem, denn die Aussortierung der Unterlagen findet leider nicht immer regelmäßig statt, so dass es regelmäßige Sondertermine geben muss, um alles wieder durchzusortieren, was sich im Verlauf der Wochen oder Monate angesammelt hat. Richtig überflüssig ist sicher der doppelte Kugelschreiber.

Blick in eine Aktentasche
Aktentasche von Frau Dr Wuensch

Wenn Sie ein Bewerbungsgespräch führen, was ist für Sie ein generelles Ausschlusskriterium?

Es ist immer schlecht, wenn sich Menschen kritisch über ihren vorherigen Arbeitgeber äußern. Mangelnde Einfühlung für die Bedeutung eines Bewerbungsgespräches, wie nachlässige Kleidung, Unpünktlichkeit, schlechte Vorbereitung lassen auch früh die Chancen auf ein Weiterkommen sinken.

Welche Berufe sind unterbezahlt?

Definitiv alle Berufe, die sich der Gesundheit und der Entwicklung von Menschen widmen. Also vor allem Pflegekräfte in allen Bereichen, Erzieherinnen und Erzieher und die entsprechenden Assistenzberufe.

Erfolg setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Welchen Rat würden Sie geben, um dorthin zu kommen, wo man hin will?

Wichtig ist vorausschauendes Denken. Gut ist, wenn es gelingt durch Sachverstand und Transparenz andere mit sachlichen Argumenten zu überzeugen und nicht qua Amt oder Kommunikationstricks.

Für wie wichtig halten Sie “Networking“ unter Frauen? Und warum?

Ich halte Networking unter Frauen für sehr wichtig und bin diesbezüglich auch aktiv. Wenn es gut läuft, ist die Möglichkeit des offenen Austausches, Hilfe und Orientierung. Aber auch eine Vernetzung mit männlichen Kollegen aus anderen Unternehmen ist wichtig.

„Geld allein macht nicht glücklich“? Wie wichtig ist Wertschätzung für Sie im Berufsleben?

Gerade für mich als Führungskraft im Bereich der Gesundheits- und Sozialwirtschaft ist der wertschätzende Umgang mit anderen Menschen sehr wichtig. Er wird nicht nur von den Mitarbeitenden eingefordert, sondern ist für Menschen, die ebenfalls wiederum Menschen begleiten, behandeln und motivieren müssen, eine entscheidende Stärkung in ihrem beruflichen Alltag. Dabei ertappe ich mich auch selbst, manchmal zu vergessen, wie wichtig diese Form von Rückmeldung ist und wie unterschiedlich auch die verschiedenen Menschen darauf reagieren.

Spielt „social media“ in Ihrem Leben eine Rolle?

So gut wie gar nicht. Eher oldschool mit telefonieren, auch noch Briefe und Karten schreiben und im realen Leben Menschen treffen.

Was muss in Hamburg anders/geändert sein/werden?

Der Verdichtungswahn, Hamburg immer größer zu machen und jedes letzte grüne Fleckchen zuzubauen, ist aus meiner Sicht eine Fehlentwicklung. Hamburg muss anders für die Zukunft aufgestellt werden und nicht einfach nur auf Zuzug von Menschen setzen, um Steuereinnahmen zu garantieren. Denn nur ein weiterhin städtebaulich attraktives und auch noch grünes Hamburg sorgt für zufriedene Bürgerinnen und Bürger. Dazu gehören auch eine Reduzierung des Fluglärms und ein Ausbau der E-Mobilität.

Was ist IHR Wunschprojekt für 2017?

Dass unsere Stiftungsveranstaltung „reden! statt schweigen“ am 13. November auf Kampnagel, bei der wir mit prominenter Hamburger Unterstützung psychiatrische Erkrankungen zum Thema machen, wieder ein Erfolg wird.

Elbe oder Alster?

Elbmündung bei Otterndorf.

Hamburg im Oktober 2017

Dr. Stephanie Wuensch

Dr. Stephanie Wuensch, geb. in Hamburg, Medizinstudium und Promotion ebenfalls in Hamburg.

Ausbildung als Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie.

Oberärztin AK Ochsenzoll, ärztliche Leiterin einer psychiatrischen Reha-Einrichtung.

Seit 2010 Geschäftsführerin der auxiliar GmbH – 280 Mitarbeitende versorgen jährlich rund 1.000 Menschen im Rahmen ambulanter und/oder stationärer psychiatrischer Behandlung, Betreuung und Rehabilitation -, einer Tochter der Stiftung Freundeskreis Ochsenzoll

Seit 2012 Vorstandsvorsitzende der Stiftung Freundeskreis Ochsenzoll und leitende Ärztin der medizinischen Einrichtungen der auxiliar GmbH