Im Gespräch: Anja Knoop

Anja Knoop

2016 will sie die Stiftung phönikks erfolgreich durch das Jahr bringen. Ehrenamtlich natürlich. Denn im Alltag ist Anja Knoop (46) Rechtsanwältin/Steuerberaterin und Partnerin der Hamburger Kanzlei Asche Stein Glockemann Verstl Wiezoreck (mit acht Partnern, davon sieben Herren und eine Dame, sowie 35 Mitarbeitern), verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Seit 2014 ist sie ehrenamtlicher Vorstand der Stiftung phönikks (Gemeinnützige Stiftung für Familien mit Krebserkrankungen), um ihr berufliches Know-How auch dort einzubringen. Dazu gehört in diesem Jahr auch sportliches Engagement. Denn die nächste aktuelle Großveranstaltung ist die Teilnahme der Stiftung phönikks am Hamburg Marathon am 17. April 2016. Dort geht die Stiftung als spendensammelnde Organisation mit ca. 120 Spendenläufern und –Läuferinnen an den Start. Im letzten Jahr ist Anja Knoop zum ersten Mal mitgelaufen (Premiere, dass ein Vorstand mitläuft!). Für dieses Jahr hat sie es sich wieder vorgenommen, ist aber leider noch ziemlich im Trainingsrückstand. Die Spendenläufer haben mit einem Eimer in der Hand und einem Lächeln auf den Lippen jeweils eine Strecke von 10 km zu bewältigen, eine sportliche Herausforderung für einen durchschnittlich trainierten Menschen wie Anja Knoop, die Familie, Beruf und ehrenamtliches Engagement „unter einen Hut“ bringen muss. Aber der gute Zweck spornt sie an! Jetzt muss das Training noch mal warten, denn ist sie erstmals im Gespräch für ‚Hamburgs Ganze Frauen‘.

Wie viel Zeit verbringen Sie pro Woche auf Ihrem „Chefsessel“

Im Durchschnitt vielleicht 20 Stunden reine „Sitz-Zeit“. Ich arbeite aber ständig und überall, auch wenn ich nicht auf dem „Sessel“ sitze. Ich bin viel unterwegs, für meinen Hauptberuf, aber auch für die ehrenamtliche Tätigkeit. Der Laptop ist mein ständiger Begleiter, über meinen mobilen VPN-Zugang wähle ich mich auch jeden Abend von zu Hause nochmal in das Firmennetz ein, wenn die Kinder schon längst friedlich schlummern.

„Arbeitstabu“ haben sie zu welchen Zeiten?

Leider habe ich das (noch) nicht konkret genug definiert. Wenn sich abends oder am Wochenende kleine Zeitfenster auftun, greife ich schnell zum Rechner. Das ist eigentlich nicht gut, daran muss ich arbeiten. Wenn ich zu Hause bin, geht die Familie aber grundsätzlich vor, es sei denn, eine dienstliche Angelegenheit duldet partout keinen Aufschub, beispielsweise weil Fristen ablaufen.

Wollten Sie schon immer das werden, was Sie jetzt sind?

Nein, das war ein langer Weg. Nach der Schule wusste ich gar nicht, was ich werden will. Deshalb bin ich zur „Selbstfindung“ für 2 Jahre nach Kanada verschwunden. Die Zeit war gut und lehrreich für mich. Vor allem ist mir die Bedeutung von Bildung sehr bewusst geworden. Nach einem Abendschulkurs zum kanadischen Rechtssystem habe ich dann meine Entscheidung getroffen, nach Deutschland zurückzukehren und Jura zu studieren. Die Spezialisierung auf Stiftungsrecht war ein Zufall, für den ich heute aber sehr dankbar bin, denn ich habe für mich die richtige Nische gefunden. Dass ich mein Wissen jetzt auch aktiv für eine so herausragende Stiftung wie die Stiftung phönikks verwenden kann, ist ein großes, sinngebendes Glück für mich.

Wie lautet Ihr wichtigster Rat an junge Frauen, wenn sie ins Berufsleben starten?

Seid mutig und sucht Euch den Beruf, der Euch Spaß macht, und nicht den Beruf, der sich am besten mit Familienplanung vereinbaren lässt. Denn nur dann habt Ihr die Chance, jemals beruflich Erfüllung zu finden und gut zu werden. Aber überfordert Euch auch nicht. Die Phase mit kleinen Kindern und Beruf ist anstrengend, und zwar für jeden. Es ist vollkommen in Ordnung, in dieser Phase im Job keine Höchstleistungen zu bringen. Und fordert die Mithilfe von Euren Männern ein, sonst wird es nie was mit der Gleichberechtigung! Wenn sich Rollenmuster erstmal eingeschlichen haben, kommt man nur schwer wieder raus.

Was finden wir in Ihrer Handtasche?

Telefon, Portemonnaie, Schlüsselbund (manche spotten, ich hätte einen Schlüsselbund wie ein Hausmeister, die haben ja keine Ahnung, wie viele Türen am Tag ich öffnen muss!), Kinderspielzeug (keine Ahnung, wie das immer da rein kommt), Parfüm, Lipgloss, Aspirin, Taschentücher, meistens auch jede Menge zerknitterte Fachzeitschriften, die ich mir immer vornehme und dann doch zur Tageszeitung greife.

HandtaschenInhalt Anja Knoop

HandtaschenInhalt Anja Knoop

– Hand aufs Herz – was ist eigentlich überflüssig, aber muss einfach immer dabei sein?

Nichts davon ist überflüssig, das brauche ich ALLES.

Wenn Sie ein Bewerbungsgespräch führen, was ist für sie ein generelles Ausschlusskriterium?

Unpünktlichkeit und ungepflegtes Äußeres geben sehr viele Minuspunkte, denn Zuverlässigkeit und gepflegtes Auftreten sind in unserem Beruf unerlässlich. Vermeidung von Blickkontakt ist auch sehr problematisch.

Welche Berufe sind unterbezahlt?

Seit Einführung des Mindestlohns fallen mir keine mehr ein. Die Frage ist ja immer, was der Markt für eine Leistung hergibt. Wenn Sie mich fragen würden, welche Personengruppen unterbezahlt sind, dann läge die Antwort auf der Hand: es kann einfach nicht angehen, dass Frauen für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen. Die Frauen müssen aber auch lernen, mehr Geld zu fordern. Aber das war ja nicht Ihre Frage…

Erfolg setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Welchen Rat würden Sie geben, um dorthin zu Kommen, wo man hin will ?

Man muss sich immer erstmal fragen, wie man für sich selbst Erfolg definiert. Dann stecke ich den Weg dorthin ab. Wo will ich hin? Wie soll mein Leben idealtypisch aussehen? Die Antwort verändert sich im Laufe des Lebens, also möglicherweise auch die Wahrnehmung, ob man Erfolg hat oder nicht. Das Wichtigste ist, sich selbst treu zu bleiben und ehrlich seine eigenen Grenzen zu erkennen. Das ist oft ein schmerzhafter Prozess. Man muss sich Verbündete suchen, auf die man sich verlassen kann, die einem auch mal einen unbequemen Rat geben. Und einen Förderer, der an einen glaubt.

Für wie wichtig halten Sie “Networking“ unter Frauen? Und warum?

Networking unter Frauen halte ich für immens wichtig, nicht nur für berufliche Perspektiven, sondern auch, um zu erfahren, dass es viele andere in derselben Situation mit denselben Themen gibt. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Andererseits bin ich Mitglied in einem sogenannten „Service-Club“, der sowohl Männer als auch Frauen aufnimmt und empfinde die Mischung als große Bereicherung.

„Geld allein macht nicht glücklich“? Wie wichtig ist Wertschätzung für Sie im Berufsleben?

Sehr wichtig, obwohl sich nach meiner Wahrnehmung Wertschätzung auch in guter Bezahlung ausdrückt, daher kann man beides nicht wirklich voneinander trennen.

Spielt „Social Media“ in Ihrem Leben eine Rolle?

Ja, wobei ich meine wenige freie Zeit lieber mit persönlichen, anstelle von virtuellen Kontakten verbringe. Social Media kann das nicht ersetzen.

Was muss in Hamburg anders/geändert sein/werden?

Der Umgang des Hamburger Senats mit seinen Bürgern ist im Moment auf einem Tiefpunkt angelangt. Hier wünsche ich mir eine Rückkehr zur demokratischen Gesprächskultur und offenen Türen. Das Schulsystem ist stark verbesserungsbedürftig. Meine ältere Tochter, die nach 12 Jahren Schulzeit Abitur machen soll, hat jeden Tag mehrere Stunden Unterrichtsausfall, eine Struktur ist derzeit nicht erkennbar. Das passt nicht zu dem Anspruch, den wir an unser Land als Bildungsexporteur stellen.

Was ist IHR Wunschprojekt für 2016?

Die Stiftung phönikks erfolgreich durch das Jahr 2016 bringen.

Elbe oder Alster?

Elbe!

Hamburg, im Januar 2016

Stiftung phönikks – http://www.phoenikks.de/

Kanzlei: http://www.aschestein.de/de/