Kein Öl, sondern feinstes Tanztheater aus Texas

Houston BalletBegeisterungsstürme entfachte das Houston Ballet bei seinem Gastspiel in der Hamburger Staatsoper. - Tanztheater auf höchstem Niveau Foto: Amitava Sarkar/Houston Ballet

41. Hamburger Ballett-Tage: Das Houston Ballet zeigte Tanztheater auf höchstem Niveau und verzückte ganz Hamburg in der Staatsoper

von Cetin Yaman
Eine der besten Compagnien aus Amerika kam für zwei Tage zu Besuch in die Hamburger Staatsoper. Das Gastspiel des Houston Ballets – eigens für die 41. Hamburger Ballett-Tage in der Hansestadt eingeflogen – sorgte beim Publikum für Begeisterungsstürme. In ihrem dreiteiligen Auftritt bewiesen die Gäste aus Texas warum sie so einen hervorragenden Ruf in der Welt des Tanztheaters genießen. Mit einer perfekten Technik und hoher Geschmeidigkeit ausgestattet, bewegten sich die Tänzer exakt und schnell zu den unterschiedlichen musikalischen Vorgaben. In jedem Drittel zeigten sie dabei eine andere Variante des Musiktanzes.

Das auf Einladung von John Neumeier eingeladene Ensemble orientierte sich anfangs noch klassisch (zu den Klängen von Mozart), gab sich in der Mitte modern und mischte am Ende auf erfrischende Art und Weise gediegen und gewagt in einen einzigen Auftritt. Zwar wirkt das Fehlen eines Live-Orchesters und das Abspielen eines Tonbandes immer etwas anonym und entwertet eine Darbietung etwas, in diesem Fall konnte man dies jedoch leicht verschmerzen, zu gelungen war die Präsentation auf der Bühne.

 Houston Ballet
Tapestry by Stanton Welch Foto: Houston Ballet

Den Anfang bildete Tapestry (Wandteppich) – eine Ausarbeitung zu Mozarts letztem Violinkonzert. Spätestens im Schlussteil der Mozartschen Komposition kam man als Betrachter auch selbst darauf, wie Welch zu diesem Titel gekommen ist. Es ist die mit „alla turca“ benannte Stelle, in der Mozart türkische Volksmusik integrierte, und die den gebürtigen Australier dazu veranlasste sich mehr mit osmanischer Kultur zu beschäftigen. Im Internet entdeckte der künstlerische Leiter des Houston Ballets die Fotografie eines Webstuhls, das es ermöglicht komplexe Muster mit vielen Farben zu erstellen. Nach Welch ist ein Ballettensemble ebenso wie ein Wandteppich zu sehen, mit verschiedenen Typen von Tänzern, Körpern und Künstlern, die sich auf der Bühne ineinander verweben. Die Realisierung dieser Idee durch seine Tänzer war an dem Abend nicht zu übertreffen. Das Houston Ballet ist frappierend synchron, verliert aber dabei dennoch nicht die poetisch-lockere Anmutung. Das tänzerische Adäquat zu den bittersüßen Klängen von Wolfgang Amadeus Mozart überzeugte das nahezu ausverkaufte Haus von der ersten Sekunde an. Die Pirouetten kamen einem fast wie computergenerierte 3-D-Animationen auf dem Bildschirm vor – präziser geht es wirklich nicht.

„Marinyas“ zur Musik von Ross Edwards Violinkonzert in die Mitte zu setzen erwies sich als gutes Konzept. Der mit modernen Elementen angereicherte Tanzstil ließ für den Besucher keine Vergleiche mit dem ersten Drittel zu und ließ ihn das Spektakel unabhängig vom bisher Gesehenen genießen. Es sind viele Bewegungsabläufe außerhalb der westlichen Welt darin enthalten – vor allem afrikanische –, die die Geschichte des Bühnentanzes der vergangenen 20 Jahre darstellen.

Houston Ballet
Houston Ballet Velocity Foto: Houston Ballet

Das Finale war wiederum einer Mischung aus Klassik und Moderne vorbehalten. “Velocity” von Michael Torke erinnert schon rein musikalisch manchmal an Mozart und manchmal eher an Philip Glass. Die seriellen Ansätze wurden tänzerisch in exquisiten Soli, Pas de deux und Pas de trois beeindruckend von der Truppe aus den USA umgesetzt. Das von Sponsoren aus den USA ermöglichte Gastspiel kam man schon jetzt zu den absoluten Highlights des Kulturjahres in Hamburg zählen.