Die 13. Hamburger Stadtgespräche dieses Mal am Hamburger Flughafen

Gruppenfoto: Michael Eggenschwiler, Stefanie Stoltzenberg, Florian Erdwig, Claudia Güsken, Dr. Ajes Tjarks13. Stadtgespräch des Förderkreises der Ev. Stiftung Alsterdorf: Michael Eggenschwiler, Stefanie Stoltzenberg, Florian Erdwig, Claudia Güsken, Dr. Ajes Tjarks v.l. (c) Heike Ross

Stefanie Stoltzenberg lud am Montag dieser Woche zum 13. Stadtgespräch des Förderkreises der Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Die Stadtgespräche sind eine Gesprächs- und Veranstaltungsreihe, die regelmäßig Fragen, in denen es um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft geht, aufgreift. Dabei sind die Stadtgespräche im besten Sin des Wortes hanseatisch. Nicht nur das Gesprächsteilnehmer engagiert sind und ihnen die Entwicklung der Stadtgesellschaft am Herzen liegt. Sie zeichnen sich durch Unaufgeregtheit und pragmatischen Handeln aus. Das ist angenehm, denn es werden keine plakativen Fensterreden gehalten, sondern es wird über Probleme, Wege und Lösungen gesprochen.

Am Montagabend erlebten die 60 geladenen Gäste im Modellschauraum des Flughafens Hamburg eine inhaltsstarke Diskussion, exzellent moderiert von Peter Wenig, Autor Hamburger Abendblatt. Florian Erdwig, Koordinator im Projekt „Beteiligung im Quartier“, Ev. Stiftung Alsterdorf, Claudia Güsken, Vorständin Personal und Betrieb, Hamburger Hochbahn, Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung, Flughafen Hamburg und Dr. Anjes Tjarks, Senator der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende diskutierten über den Umgang mit mobilitätseingeschränkten Menschen, die Notwendigkeit eines besseren Miteinanders, über den öffentlichen Nahverkehr, dessen Visionen und über autonom fahrende Busse.

Das reale Leben ist anders als gesetzliche Absichtserklärungen

Das große Ziel der Inklusion, die vollständige und gleichberichtige Teilhabe aller Menschen an allen gesellschaftlichen Prozessen geht, ist eher leicht formuliert. Doch was bedeutet das konkret? Sagen wir einmal zwei Hamburger, die auf dem Rollstuhl angewiesen sind, wollen mit dem Bus in die City in ein Theater fahren.

Die zynische Antwort: Pustekuchen, denn HVV-Busse dürfen zumeist nur einen Rollstuhl mitnehmen, beim zweiten würden schon die Probleme mit dem Versicherungsschutz oder der Haftung anfangen. Wenn etwas passiert, dann muss jemand das Risiko tragen und vielleicht mit unangenehmen Konsequenzen rechnen. Das sind die Mühen der Ebenen, die in Sonntagsreden nicht vorkommen.

Gesetze sind eine schöne Sache. Man bringt sie durch den Bundestag oder durch die Länderparlamente und da ist alles gut? Das Personenbeförderungsgesetz fordert, dass der Deutsche öffentliche Nahverkehr bis Jahresende barrierefrei sein muss. So weit so gut, nur die ältesten Hamburger U-Bahnhöfe sind mehr als 100 Jahre alt und stehen nicht auf der grünen Wiese, sondern mitten in der Stadt. Das macht Umbauten sehr teuer und technisch kompliziert. Dazu kommt ein kryptisches, bürokratisches, zeitaufwendiges Planungs- und Vergaberecht. Dass hat der Gesetzgeber natürlich nicht vereinfacht.

 Harald Faulstich. mit Flugzeugmodell
Unternehmensberater Harald Faulstich mit dem Super Jumbo A380 auf Du und Du Heike Ross

Die Diskussion – Verkehr der Zukunft – Inklusion inklusive?

Claudia Güsken zieht unterm Strich eine gute Bilanz für den Ausbau der Hamburger U-Bahnstationen. Allerdings Wunder kann man nicht erwarten. Die Umsteigestation Sternschanze gilt z.B. als nicht ausbaubar, weil es technisch einfach nicht möglich ist Aufzüge einzubauen. Andererseits, eine neue Station kann man auch nicht mal eben errichten… Ein klassischer Zielkonflikt. Ganz wichtig ist die Schulung des Personals. Es gibt regelmäßige Trainings und Seminare insbesondere für Busfahrer. Wobei Florian Erdwig da sich manchmal wundert, obwohl Uhrzeit, Kennzeichen, Busnummer seien bei Beschwerden genau genannt worden Sein Eindruck, die Beschwerden verlaufen sich intransparent im Apparat. Wobei die Gäste auch lernten, dass ein Meldemanagement für Aufzugsanlagen via Digitalisierung für die Hochbahn schon den Hauch von Raketentechnologie hat.

Florian Erdwig brachte Humor, Farbe und realistischen Pragmatismus in die Diskussion ein. Als Mensch mit Handicap, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, weiß er nicht nur von was er spricht, sondern er gibt auch seinen konkreten Erfahrungen eine Stimme, in dem er einfach seine Erfahrungen schilderte. Eines wurde schnell klar. Es gibt sehr viele Hamburger, die schnacken nicht lange, sondern helfen einfach und übernehmen so auch Aufgaben, die eigentlich HVV-Mitarbeiter wahrnehmen müssten. Das ist nicht die reine Lehre, aber es überzeugt in den Ergebnissen.

Klaus-Peter Hesse, Carsten-Ludwig
Klaus-Peter Hesse, Carsten-Ludwig Lüdemann v.l. (c) Heike Ross

Flughäfen wie der Hamburg Airport sind schon weit merkte Michael Eggenschwiler an. Doch auch hier gilt, Verkehr ist eine Prozesskette mit ganz vielen Gliedern und was nützt eine perfekte Abwicklung in Hamburg, wenn am Zielflughafen nicht wirklich etwas geregelt ist. Ein Problem ist auch regelmäßig, eine Flugzeuglandung kann schnell eine Überraschungstüte sein. Statt vielleicht an einem Menschen mit Handicap sind gleich mehrere an Bord. Wartezeiten und Verzögerungen sind dann leider vorprogrammiert. Hier liegt das Problem nicht in Hardware, sondern in Kommunikationslücken im Prozess.

Alexander Matthies, Dr. Bernd-Georg Spies
Alexander Matthies, Dr. Bernd-Georg Spies. v.l.(c) Heike Ross

Wie gewohnt trat der Grüne Verkehrssenator Dr. Antjes Tjarks, der in 40 Minuten von seinem Amtssitz bis zum Flughafen geradelt war, selbstsicher und nicht unvisionär auf. Seit Hauptziel ist neben der Elektrifizierung des Verkehrs eine konsequente Zurückdrängung des Autoverkehrs und Tempo 30 in der Stadt. Ohne Wenn und Aber geht die Entwicklung zu autonom fahrenden Bussen und Fahrzeugen. Für das Problem der gern in der Mitte von Gehwegen geparkten E-Scooter hat aber die Hamburger Politik keine Lösung. Da sei der Bundesgesetzgeber in Berlin gefragt. Vielleicht sollte man die hoch-wohllöblichen Bundestagsabgeordneten die falsch und gefährlich abgestellten E-Scooter einfach in ihr Wahlkreisbüro kostenpflichtig senden. Jeder Falschparker bekommt Tickets oder wird ohne Wenn und Aber abgeschleppt, dafür bekommen spekulative Start ups einen Freifahrtschein…

Erfahrene Gäste von Podiumsdiskussionen wissen es, entscheidend ist nicht nur was auf einer Podiumsdiskussion die Teilnehmer sagen, häufig ist auch sehr wichtig, was die einzelnen Teilnehmer nicht sagen. Das Planungen und Genehmigungen samt juristische Verzögerungen von äußerst klagefreudigen und teilweise öffentlich geförderten NGOs einen konsequenten Ausbau des öffentlichen Verkehrs ausbremsen und auch in der Folge Inklusion erschweren, war dem Senator nicht einmal einen Halbsatz wert.

Stadtgespräche – unter den Gästen von ganz-hamburg.de u.a. gesehen

Dirk Fischer, Sönke Fock, Agentur für Arbeit, Martin Görge, Sprinkenhof, Carsten Lüdemann, Senator a.D., Alexander Matthies, Get Ahead Exective Search, Dr. Bernd-Georg Spies, Spies-PPP und Heidi von Stein, NDR.