Wilde Bahnhofssitten: Austausch der Kulturen auf dem Harburger Bahnhof

Hamburger HauptbahnhofHamburger Hauptbahnhof, der verkehrsreichste Bahnhof Deutschland © Norbert Schmidt

Am Dienstag dieser Woche gegen halb sechs macht ein 54-jähriger Deutscher, dass was man so auf einem Bahnsteig macht, auf einen Zug warten. Er wollte mit dem ICE 1578 Richtung Stralsund fahren.

Aus welchen Gründen auch immer, ein 24-jähriger mutmaßlicher PoC aus Somalia hatte Kommunikationsbedarf der dritten Art und beleidigte den 54-Jährigen grundlos, oder vielleicht wollte er nur, wie es von vielen Politikern befürwortet wird, das tägliche Zusammenleben neu aushandeln. Dafür sind gerade Bahnhöfe besonders geeignete Plätze, denn sie bieten sich als Forum der Neu-Deutschen-Diskussionskultur gerade zu an.

So nahmen die Dinge ihren Lauf. Der Deutsche bestiegt den ICE. Man könnte meinen, damit war die Verhandlung beendet, doch weit gefehlt, der mutmaßliche PoC enterte ebenfalls den Zug und setzte die Diskussion fort . Da seine Beleidigungen scheinbar den 54-Jährigen nicht wirklich überzeugten, wurde ihm eine Diskussioneskalation mit Argumenten der handfesten Art, sprich Schläge, versprochen.

Nun ja eine Beleidigung ist ein Beleidigung und nicht schön, aber Schläge stellen eine Körperverletzung (§ 223 StGB) da. Selbst der Versuch ist strafbar und immerhin kann man dafür fünf Jahre in den Knast einfahren. Tatsächlich äußerst selten, denn Deutsche Richter schöpfen nicht so gern dieses Strafmaß aus.

Empfangskomitee am Gleis 11 im Hamburger Hauptbahnhof

Der Beleidigte suchte eine Zugbegleiterin im fahrenden ICE und bat um Hilfe. Sie organisierte durch eine Meldung an die Bundespolizei ein ‘Empfangskomitee’ auf dem Hamburger Hauptbahnhof am Gleis 11.

Schnell stellte sich heraus, dass der Aggressor dem Alkohol (2,3 Promille) stark zugesprochen hatte. Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft bekundete Sehnsucht nach ihm, denn es gab eine Fahndungsnotierung zur Ermittlung seines Aufenthaltsortes nach vorangegangener Beleidigung. Die Annahme, dass der Somalier hier einen einschlägigen Erfahrungshorizont ist duchaus naheliegend.

Obwohl jetzt Polizisten dabei waren, wollte der Mann weiter zum 54-Jährigen gelangen. Dieser Mitteilungsdrang wurde ersteimal mit Handfesseln gebändigt. Dann kniete sich der 24-Jährige allerdings hin und schlug er seinen Kopf bewusst auf den Boden. Auch das mussten die Polizisten unterbinden.

Vom Gleis 11 ging es anschließend zum Revier der Bundespolizei. Ein Amtsarzt bestätigte die Gewahrsamsfähigkeit. Jetzt hat der junge Somalier zwei Ermittlungsverfahren mehr, einmal wegen Schwarzfahrens, selbstredend hatte kein Ticket für den ICE gelöst, und ein Verfahren wegen Nötigung (§ 240 StGB). Haftgründe lagen nicht vor, deshalb verlies der junge Mann das Revier der Bundespolizei nach der Abschluss der polizeilichen Maßnahmen.